Laut dem neuen Global Solar Thermal Report 2021 (siehe unten) wächst der deutsche Solarthermiemarkt im Jahr 2020 um 26 Prozent und damit stärker als jeder andere große Solarthermiemarkt weltweit, sagte Harald Drück, Forscher am Institut für Gebäudeenergetik, Thermische Technologien und Energiespeicherung (IGTE) der Universität Stuttgart, in einer Rede anlässlich der IEA SHC Solar Academy im Juni. Dieser Erfolg dürfte vor allem auf die relativ hohen Anreize des attraktiven deutschen Förderprogramms für energieeffiziente Gebäude (BEG) sowie den schnell wachsenden deutschen Markt für solare Fernwärme zurückzuführen sein. Er warnte jedoch auch davor, dass die in einigen Teilen Deutschlands diskutierten Solarverpflichtungen die Photovoltaik tatsächlich verpflichtend machen und die erzielten Erfolge der Branche gefährden würden. Eine Aufzeichnung des Webinars finden Sie hier.
In seinem Vortrag skizzierte Drucker zunächst die langfristige Entwicklung des deutschen Solarthermiemarktes. Die Erfolgsgeschichte begann 2008 und galt dank der in Deutschland installierten Solarthermiekapazität von 1.500 MWth bzw. rund 2,1 Millionen m² Kollektorfläche als das Jahr mit den höchsten Ölpreisen weltweit. „Wir alle dachten, es würde danach schneller gehen. Doch das Gegenteil war der Fall. Die Kapazität sank Jahr für Jahr. 2019 lag sie bei 360 MW, etwa einem Viertel unserer Kapazität von 2008“, sagte Drucker. Eine Erklärung dafür, fügte er hinzu, sei, dass die Regierung damals „sehr attraktive Einspeisevergütungen für Photovoltaik anbot. Da die Bundesregierung die Solarthermie-Förderung in den Jahren 2009 bis 2019 jedoch nicht wesentlich verändert hat, kann ausgeschlossen werden, dass diese Fördermaßnahmen die Ursache für den starken Rückgang waren. Aus psychologischer Sicht wird Photovoltaik bevorzugt, weil Investoren mit den Vergütungen Geld verdienen können. Andererseits müssen sich Marketingstrategien zur Förderung der Solarthermie darauf konzentrieren, wie die Technologie Einsparungen generiert.“ Und wie immer.
Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle erneuerbaren Energien
Die Dinge ändern sich jedoch rasant, so Drucker. Einspeisetarife sind deutlich weniger rentabel als noch vor wenigen Jahren. Da sich der Fokus zunehmend auf den Eigenverbrauch verlagert, ähneln PV-Anlagen immer mehr Solarthermieanlagen. Investoren können damit zwar sparen, aber nicht verdienen. Zusammen mit den attraktiven Finanzierungsmöglichkeiten der BEG haben diese Veränderungen dazu beigetragen, dass die Solarthermie im Jahr 2020 um 26 % gewachsen ist und rund 500 MWth neu installierte Leistung erreicht wurden.
Das BEG bietet Eigenheimbesitzern Zuschüsse, die bis zu 45 % der Kosten für den Austausch von Ölkesseln durch solarunterstützte Heizungen decken. Ein Merkmal der BEG-Regelungen, die Anfang 2020 in Kraft treten, ist, dass der Zuschusssatz von 45 % nun auf förderfähige Kosten angewendet wird. Dazu gehören die Kosten für den Kauf und die Installation von Heizungs- und Solarthermieanlagen, neuen Heizkörpern und Fußbodenheizungen, Kaminen und anderen Verbesserungen der Wärmeverteilung.
Noch beruhigender ist, dass der deutsche Markt ungebrochen wächst. Laut Statistiken der beiden Bundesverbände der Heizungs- und Solarbranche (BDH und BSW Solar) stieg die in Deutschland verkaufte Fläche an Solarkollektoren im ersten Quartal 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 23 Prozent und im zweiten Quartal um 10 Prozent.
Steigende Kapazitäten für solare Fernwärmeversorgung. Ende 2020 waren in Deutschland 41 Fernwärmeanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 70 MWth bzw. rund 100.000 m² in Betrieb. Einige Balken mit kleinen grauen Bereichen zeigen die installierte Gesamtleistung des Wärmenetzes für den Industrie- und Dienstleistungssektor an. Bisher wurden nur zwei Solarparks in diese Kategorie aufgenommen: eine 1.330 m² große Anlage für Festo aus dem Jahr 2007 und eine 477 m² große Anlage für ein Krankenhaus, die 2012 in Betrieb ging.
Die operative SDH-Kapazität wird sich voraussichtlich verdreifachen
Drück glaubt auch, dass große Solarthermieanlagen den deutschen Erfolg in den kommenden Jahren unterstützen werden. Er wurde vom deutschen Institut Solites vorgestellt, das in naher Zukunft mit einem Zubau von rund 350.000 Kilowatt pro Jahr rechnet (siehe Abbildung oben).
Dank der Inbetriebnahme von sechs Solarthermieanlagen mit einer Gesamtleistung von 22 MW pro Tag hat Deutschland im vergangenen Jahr den Kapazitätszuwachs Dänemarks übertroffen und fünf SDH-Systeme mit je 7,1 MW installiert, eine Gesamtkapazitätssteigerung nach dem Tag 2019. 2020 umfasste auch Deutschlands zweitgrößte Anlage, eine 10,4-MW-Anlage in Ludwigsburg. Zu den neuen Anlagen, die in diesem Jahr noch in Betrieb genommen werden, gehört eine 13,1-MW-Anlage in Greifswald. Nach ihrer Fertigstellung wird dies die größte SDH-Anlage des Landes sein und vor dem Kraftwerk Ludwigsburg errichtet werden. Insgesamt schätzt Solites, dass sich die deutsche SDH-Kapazität in den nächsten Jahren verdreifachen und von 70 MWth Ende 2020 auf rund 190 MWth bis Ende 2025 steigen wird.
Technologieneutral
„Wenn uns die langfristige Entwicklung des deutschen Solarthermiemarktes etwas gelehrt hat, dann, dass wir ein Umfeld brauchen, in dem verschiedene erneuerbare Technologien fair um Marktanteile konkurrieren können“, sagte Drucker. Er forderte die politischen Entscheidungsträger auf, bei der Ausarbeitung neuer Vorschriften eine technologieneutrale Sprache zu verwenden, und warnte, dass die derzeit in mehreren Bundesländern und Städten diskutierten Solarverpflichtungen im Wesentlichen nichts anderes als Photovoltaik-Richtlinien seien, da sie den Einsatz von Photovoltaik-Modulen auf den Dächern von Neubauten oder Sanierungen vorschreiben.
So hat beispielsweise Baden-Württemberg kürzlich eine Verordnung verabschiedet, die ab 2022 den Einsatz von Photovoltaikanlagen auf den Dächern aller neuen Nicht-Wohngebäude (Fabriken, Büro- und andere Gewerbegebäude, Lagerhallen, Parkplätze und ähnliche Gebäude) vorschreibt. Nur dank der Intervention des BSW Solar wurde in diese Verordnung nun ein Paragraph 8a aufgenommen, der deutlich macht, dass auch die Solarkollektorbranche die neuen Solaranforderungen erfüllen kann. Anstatt jedoch Vorschriften einzuführen, die den Ersatz von Photovoltaikmodulen durch Solarkollektoren erlauben, braucht das Land eine echte Solarpflicht, die den Einbau von Solarthermie- oder Photovoltaikanlagen oder einer Kombination aus beidem vorschreibt. Drück hält dies für die einzig faire Lösung. „Sobald in Deutschland über eine Solarpflicht diskutiert wird.“
Veröffentlichungszeit: 13. April 2023